Nach der neuen Entscheidung durch den Europäischen Gerichtshof vom 26.03.2020 ist der, in der gesetzlichen Musterwiderrufsbelehrung enthaltene Verweis auf § 492 Abs. 2 BGB in der bis zum 12.06.2014 gültigen Fassung nicht hinreichend transparent.

Das bedeutet, dass die Formulierung zum Fristbeginn in den von den meisten Banken genutzten Widerrufsinformationen (der sogenannten Kaskadenverweis) nicht europarechtskonform ist.  Durch die fehlerhafte Formulierung ist nun eine neue Möglichkeit eröffnet, dass sämtliche Kreditverträge für Verbraucher weiterhin widerrufen werden können.

Was bedeutet ein Widerruf?

Verbrauchern räumt der Gesetzgeber die Möglichkeit ein, die eigene Vertragserklärung, d.h. den Abschluss des Kreditvertrages nochmals zu überdenken. Wenn sich der Verbraucher innerhalb von 14 Tagen gegen den Kreditvertrag entscheidet und diesen widerruft, gilt er als nicht abgeschlossen und wird ggf. rückabgewickelt.

Das ist alles kein Problem, wenn seit dem Tag der Unterzeichnung 14 Tage vergangen sind.

Unter Umständen kann aber auch nach Ablauf dieser Frist der Verbraucherkreditvertrag noch widerrufen werden. Möglicherweise sogar Jahre später!

Welche Verträge sind widerrufbar?

Grundsätzlich können zunächst alle Verbraucherkredite widerrufen werden, die zwischen dem 11.06.2010 und dem 20.03.2016 abgeschlossen wurden.

Vorausgesetzt, Sie sind Verbraucher! Kreditverträge, die einer geschäftlichen Tätigkeit dienen, können grundsätzlich nicht widerrufen werden.

Ausnahme hiervon ist der Widerruf von sogenannten KfW-Krediten.

Warum ist ein Widerruf auch jetzt noch möglich?

Enthält der Kreditvertrag eine falsche Widerrufsinformation, sind die gesetzlichen Vorgaben nicht eingehalten und die Widerrufsfirst begann noch nicht zu laufen.

Denn bei der Information des Verbrauchers über die gesetzlich notwendigen Pflichtangaben bzw. der Gestaltung oder Formulierung der Widerrufsinformation liegen viele Fehler bei den Banken und Sparkassen. Diese Fehler führen dann zu keiner korrekten Aufklärung des Verbrauchers über seine Rechte und damit zur Möglichkeit des ewigen Widerrufs des Verbraucherkredites.

Bringt der Widerruf von Verbraucherkrediten Vorteile?

Der Widerruf ist nur sinnvoll, wenn Sie aus einem Vertrag mit einem hohen Zinssatz wieder raus möchten, um von den heute ggf. deutlich günstigeren Marktkonditionen zu profitieren.

Denn nach einem erfolgreichen Widerruf muss Ihnen die Bank die Zinsen, den so genannten Nutzungswertersatz, i. H. v. bis zu 2,5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf Ihre gezahlten Raten zahlen.

Sie sind demgegenüber verpflichtet einen marktüblichen Zinssatz für das in Anspruch genommene Darlehen zu zahlen. Für den Fall das die gezahlten Zinsen seinerzeit zu hoch waren, muss Ihnen die Bank diese erstatten.

Auch fällt z.B. bei dem Verkauf Ihrer Immobilie in der Regel eine Vorfälligkeitsentschädigung an. Nicht so, wenn Sie den Widerruf erklären. Sollten Sie eine solche schon gezahlt haben, fordern Sie diese von der Bank zurück!

Sofern Sie ein Darlehen Ihrer Bank nicht mehr abnehmen, fällt eine i.d.R. Nichtabnahmeentschädigung an. Dieser können Sie ebenfalls durch einen Widerruf begegnen.

Bringt der Widerruf von Verbraucherkrediten auch Nachteile?

Grundsätzlich nicht. Aber jedes „grundsätzlich“ hat auch Ausnahmen. Denn Sie müssen bedenken, dass der Finanzierungsgegenstand dann -wenn nicht durch Barmittel- durch einen neuen Kredit abgesichert sein muss. Denn schließlich will die Bank auch die Rückzahlung des Verbraucherkredits.

Andere Nachteile, wie eine Negativmeldung bei der Schufa, birgt der Widerruf hingegen nicht.

Wie reagieren die Banken auf den Widerruf?

In den meisten Fällen lehnt die Bank den Widerspruch ab. Persönliche Gespräche werden meist nicht geführt oder sind nicht zielführend.

Durch Einschaltung eines spezialisierten Anwalts und konkreter Begründung der Widerrufsmöglichkeit besteht die Möglichkeit, Banken außergerichtlich durch einen Vergleich zum Einlenken zu bewegen.

Was passiert, wenn die Bank nicht einlenkt?

Gerichte bewerten die Kreditverträge bzw. deren Möglichkeit zum Widerruf sehr unterschiedlich. Es liegen eine Vielzahl Urteile aus den vergangenen Jahren vor, die eine Widerrufsmöglichkeit verneinen, genau soviele, die das „ewige“ Widerrufsrecht bestätigen. Hierdurch konnten Verbraucher in den letzten Jahren profitieren und so jeweils viele tausend Euro einsparen. Oft werden auch vor Gericht Vergleiche mit Banken geschlossen. Auch das haben wir für unsere Mandanten bereits erreicht.

Durch das Urteil des EuGH vom 26.03.2020 ergeben sich nun aber neue, weitere Möglichkeiten! Der EuGH erklärte  in dem sogenannten Kaskadenverweis die Formulierung zum Fristbeginn in den von den meisten Banken genutzten Widerrufsinformationen für europarechtswidrig. Hierdurch ergibt sich die Möglichkeit, dass sämtliche Kreditverträge mit dieser Formulierung allein aufgrund dieses Fehlers weiterhin widerrufen werden können.

Da nahezu alle Widerrufsbelehrungen zu Verbraucherkreditverträgen der vergangenen Jahre diesen Hinweis enthalten, sind die Belehrungen fehlerhaft und dem Kreditnehmer steht sogar noch heute ein Recht zum Widerruf des Kreditvertrages zu.

Der EuGH führt detailliert hierzu aus, dass Verbraucherkreditverträge in klarer und prägnanter Form die Modalitäten für die Berechnung der Widerrufsfrist angeben müssen. Es reicht damit nicht mehr aus, dass der Vertrag hinsichtlich der Pflichtangaben, für die der Beginn der Widerrufsfrist maßgeblich ist, auf eine nationale Vorschrift, die wiederrum selbst auf weitere nationale Rechtsvorschriften weiterverweist. Denn dadurch ist der Verbraucher in der Situation, zahlreiche Gesetzesvorschriften in verschiedenen Gesetzeswerken zu lesen, um Klarheit darüber zu erhalten, welche Pflichtangaben erteilt sein müssen, damit die Widerrufsfrist bei seinem Darlehensvertrag zu Laufen beginnt. So geht das nicht!…. so der EuGH.

Nutzen Sie auch hier unser pro bono Angebot der kostenlosen Erstberatung. Übersenden Sie uns Ihren Kreditvertrag und die Widerrufsklausel. Geben Sie uns bitte bekannt, ob Sie in Besitz einer Rechtsschutzversicherung sind.

Wir prüfen diese für Sie -bundesweit- und können Ihnen sofort, spätestens nach 24 Stunden die nachfolgenden Informationen geben:

  1. Besteht Aussicht auf Erfolg und wenn ja, lohnt sich eine anwaltliche Vertretung für Sie?
  2. Was kostet ggf. die anwaltliche Vertretung?
  3. Wer trägt ggf. die Kosten?

Dr. Antje Reinhardt-Gilmour, Rechtsanwältin

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